26.06.2017

Ist die An­al­yse offener Pos­ten in der Kre­di­to­ren­buch­hal­tung lang­wei­lig?

In diesem Blogpost beschäftigen wir uns mit der Frage, warum offene Posten in der Kreditorenbuchhaltung durchaus einen näheren Blick wert sein können. Wir verdeutlichen dies am Beispiel von Daten aus einem SAP® IDES System; die Daten betrachten wir mit der Analysesoftware ACL™.

Datenanalyse offene Posten

Der P2P Pro­zess kurz zu­sam­men­ge­fas­st

Der klassische Fall im Prozess P2P (Purchase to Pay) ist das Entstehen einer Verbindlichkeit im Rahmen eines Bestellvorgangs. Ein Bedarf entsteht und resultiert in einer Bestellung, die vorher entsprechend freigegeben wird von den Verantwortlichen. Nach erfolgter Lieferung und darauf folgender oder paralleler Rechnungsstellung durch den Lieferanten wird die Rechnung im Modul SAP® MM erfasst (etwa mit der Transaktion MIRO). Dies resultiert in einem offenen Posten, der im Modul SAP® FI, genauer gesagt der Kreditorenbuchhaltung geführt wird, so lange bis ein Ausgleich durch Zahlung (oder in manchen Fällen Gutschrift oder Stornobuchung) erfolgt.

Die Verweildauer der Rechnung in den offenen Posten wird dabei durch die Zahlungsbedingung in Kombination mit dem Zahlungsfristenbasisdatum in SAP® beeinflusst. Nach erfolgter Ausgleichsbuchung finden sich sowohl die ursprüngliche Rechnung als auch der ausgleichende Beleg (i.d.R. eine Ausgangszahlung, die durch den automatischen Zahllauf in SAP® getriggert wurde) in den ausgeglichenen Belegen wieder.

Klas­sische An­alyse­as­pek­te bei of­fen­en Kre­ditor­en­pos­ten

Natürlich sind offene Posten in der Kreditorenbuchhaltung durchaus im Fokus von Analysen.

Dazu zählen folgende Aspekte

  • Liquiditätsplanung, Working Capital, Cash-Flow-Optimierung
  • Pünktliche Zahlung, Zahlungsbedingungen

Im Folgenden betrachten wir diese beiden Aspekte kurz:

 

Liquiditätsplanung, Working Capital, Cash-Flow-Optimierung

Zum einen ist es für die Liquiditätsplanung und ähnliche Themen relevant, wie hoch die offenen Posten in Summe sind und wann Beträge in welcher Höhe fällig werden. Auch wenn bereits durch das Erfassen der Rechnung sowohl die Kontierung auf dem entsprechenden Sachkonto erfolgt und der Betrag zum Buchungstag kostenrelevant wird, muss die tatsächliche Zahlung erst noch geleistet werden. Hier ist es für die Optimierung und Planung der Liquidität und des Working Capital von Bedeutung, die Fälligkeit der offenen Verbindlichkeiten im Blick zu haben.

 

Pünktliche Zahlung

Zumindest in Deutschland ist Skonto eine Komponente der Zahlungsbedingungen, die oft Anwendung findet. Dieser „Cash Discount“ oder „Early Payment Discount“ erlaubt es, bei Zahlung innerhalb bestimmter Zeiträume Abzüge vom Bruttorechnungsbetrag vorzunehmen. Voraussetzung dafür ist die Zahlung innerhalb einer vereinbarten Frist. Idealerweise schafft man es als Unternehmen, die Frist bis zum letzten möglichen Tag zu nutzen und dann mittels Skontoabzug zu bezahlen. Natürlich kümmern sich ERP Systeme wie SAP® weitgehend eigenständig darum, Voraussetzungen dafür sind jedoch funktionierende Prozesse und eine gute Stammdatenqualität gerade bei finanznahen Themen wie Bankverbindungen und Zahlungsbedingungen. Sofern diese Voraussetzungen gegeben sind, ist der Zahllauf in SAP® eine Möglichkeit, diese Zahlungen entsprechend zu terminieren.

Klassische Analysen zielen aus diesem Grund oft auf diese beiden Themenblöcke ab, was durchaus sinnvoll ist. 

Wa­rum der Fo­kus oft stär­ker auf De­bi­to­ren liegt

Davon abgesehen stehen aus unserer Sicht häufig offene Posten bei Debitoren stärker im Fokus als bei Kreditoren. Ein möglicher Grund ist, dass im Bereich der Debitorenbuchhaltung ein entsprechendes Nachhalten im Forderungsmanagement für die Liquiditätsplanung essentiell ist; man ist also bemüht, die überfälligen offenen Posten wertmäßig so gering wie möglich zu halten. Dagegen ist die Einstellung kreditorischen offenen Posten gegenüber manchmal salopp gesagt etwas entspannter: Es wird schon seinen Grund haben, wieso die offene Rechnung über 270.000,00 € an Lieferant XYZ noch nicht bezahlt ist; vielleicht gibt es ja Qualitätsmängel oder anderweitige Aspekte, die noch in Klärung sind. Solange das Geld noch nicht bezahlt wurde, ist man hier in einer möglicherweise besseren Position.

Doch diese Sichtweise ist nach unserer Auffassung etwas zu limitiert, es gibt durchaus spannende weitere Aspekte, die man aus Sicht der Datenanalyse hier in Betracht ziehen sollte.

Wa­rum auch die Kre­di­to­ren einen zwei­ten Blick wert sind

Über reine Liquiditätsfragen hinaus sind aus unserer Sicht zum Beispiel folgende Analyseaspekte spannend:

 

Lieferantenrechnungen, die eigentlich Gutschriften an Kunden sind

Wichtig ist erst einmal das Verständnis, dass es sich bei „offenen Posten“ auch bei Kreditoren nicht zwingend um Verbindlichkeiten an Lieferanten handeln muss. Es gibt durchaus Geschäftsvorfälle, die ebenfalls offene Posten erzeugen, die jedoch völlig anderer Natur sein können. Deshalb sind Analysen in diesem Bereich auch so spannend, denn dann geht es durchaus auch um die Frage, ob jemand überfällige Verbindlichkeiten gegenüber unserem Unternehmen hat, oder ob es zu groben Verstößen gegen Zahlungsrichtlinien gekommen ist.

Dafür gibt es folgende drei Beispiele:

  1. Zahlungseingänge 
  2. Manuelle Zahlungsausgänge 
  3. Gutschriften von Lieferanten 

Zahlungseingänge
Zahlungseingänge von Kreditoren können verschiedene Gründe haben: Es kann sich um Zahlungseingänge im Kontext von Gutschriften oder Gutschriftsanforderungen handeln. Denkbar ist auch, dass eine Ausgangszahlung erfolgt ist basierend auf einer Rechnung, diese aber vom empfangenden Kreditinstitut nicht zugeordnet werden konnte, und somit wieder zurücküberwiesen wurde.

Manuelle Zahlungsausgänge
Falls Rechnungen über den automatischen Zahllauf beglichen werden, sollte dies nicht der Fall sein. Es kann jedoch (in der Regel unerwünschte!) Ausnahmen geben, in denen Zahlungsausgänge manuell erfolgen und ohne Bezug zu einer existierenden Lieferantenrechnung. In derartigen Fällen wurde dies beim Abgleich der Kontoauszüge festgestellt, und die (faktisch bereits erfolgte) Ausgangszahlung würde gebucht und bis zur Klärung als offener, zahlwirksamer Posten im System verweilen.

Gutschriften von Lieferanten
In manchen Fällen finden sich Gutschriftsbelege für bestimmte Kreditoren in den offenen Posten. Umgangssprachlich als „Gutschriften von Lieferanten“ bezeichnet sind die Gründe dafür aber oft vielfältig. Natürlich kann ein Lieferant aus verschiedenen Gründen eine Gutschrift ausstellen: Er könnte den vertraglich vereinbarten Bonus auf die Bestellungen des letzten Kalenderjahres gutschreiben, oder es könnte sich um eine Gutschrift aus Kulanz wegen z.B: schlechter Qualität oder anderweitiger Erstattung handeln. Allerdings muss eine Gutschrift nicht zwingend proaktiv vom Lieferanten ausgestellt sein: In seltenen Fällen konnte die Buchhaltung eine Doppelzahlung identifizieren, also eine Rechnung die versehentlich mehr als einmal beglichen und an den Lieferanten ausbezahlt wurde. Sobald das erkannt wird, stellt in manchen Fällen die Buchhaltung einen Gutschriftsbeleg ein um sicherzustellen, dass beim nächsten Begleich von Verbindlichkeiten die doppelt bezahlte Rechnung über diesen Gutschriftsbeleg in Abzug genommen wird.

Für diese drei genannten Beispiele gilt, dass nicht nur das Thema „Überfälligkeit“ zu betrachten ist, sondern auch die Frage nach dem Zustandekommen an sich, und etwaigen Abweichungen vom Standardprozess und bestehenden Richtlinien.

Doch wie verschafft man sich am besten einen Überblick über das Thema?

Vor­gehen­swei­se bei Daten aus SAP®

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, offene Posten basierend auf SAP® Daten zu analysieren. Eine einfache Betrachtung offener Posten von Lieferanten ist z.B. mit der SAP® Transaktion FBL1n möglich. Hier gibt es die Möglichkeit, sich alle Posten anzeigen zu lassen (egal ob ausgeglichen oder offen), nur die jeweiligen offenen oder ausgeglichenen oder offene Posten zu einem bestimmten Stichtag. Auch eine Kennzeichnung überfälliger Posten ist in der Transaktion entsprechend sichtbar.

P2P - Purchase to Pay

Abbildung 2: SAP® Transaktion FBL1N

Ein weiterer Ansatzpunkt gerade in Hinblick auf Datenanalyse ist die Tabelle BSIK, in der offene Posten geführt werden. Hier ist allerdings zu beachten, dass diese bereits in der Tabelle mit den ausgeglichenen Posten (BSAK) zu finden sind, sobald z.B. der Zahllauf den Ausgleich entsprechend terminiert hat. Die Gesamtsicht der Buchhaltungsbelege in den Tabellen BKPF und BSEG ist zudem natürlich immer möglich, konfrontiert den Analysten aber ggf. mit größeren Datenmengen.

Neben der Frage, wo offene Posten gespeichert sind und wie man sie sich anzeigen lassen kann, ist wie oben beschrieben die Klassifizierung der Geschäftsvorfälle von großer Bedeutung, also ob es sich um eine Verbindlichkeit, einen Zahlungseingang oder Zahlungsausgang oder eine Gutschrift vom Lieferanten handelt. Ein probates Attribut auf Ebene der SAP® Daten ist der Buchungsschlüssel. Der Buchungsschlüssel steuert die Attribute, ob eine Buchung im Soll oder im Haben stattfindet, ob es Debitoren oder Kreditoren betrifft und ob eine Buchung umsatz- bzw. kostenwirksam oder zahlwirksam ist.

Folgende Tabelle zeigt eine Klassifizierung unserer offenen Kreditorenposten aus einem SAP® IDES System.

SAP® IDES System

Abbildung 3: Offene Kreditorenposten am Beispiel eines SAP® IDES Systems

Der Großteil sind wie erwartet „Rechnungen“ (27.606 aus 27.700 offenen Transaktionen). Es finden sich allerdings auch Gutschriften und Zahlungsausgänge darunter, die ich weiter oben als interessante Aspekte aufführe. Für die hier im Blogpost genannten Artikel führe ich hier die wichtigsten noch einmal auf:

 

BuchungsschlüsselBedeutung
31Rechnung
21Gutschrift
25Zahlungsausgang
35Zahlungseingang

Abbildung 4: Einige interessante Buchungsschlüssel

Fazit

Auch wenn es manchmal gerne übersehen wird – offene Kreditorenposten sind nicht nur aus Liquiditätsaspekten eine genauere Betrachtung wert. Gerade die Aspekte wie offene Gutschriften, offene Zahlungseingänge oder – manchmal besonders zu hinterfragen – offene Zahlungsausgänge sollten Teil jeder fundierten Datenanalyse sein. Essentiell ist dabei für Daten aus SAP® die Frage nach den Buchungsschlüsseln. Folgender Screenshot zeigt abschließend, wieso diese im Gegensatz zur Belegart eine viel verbindlichere Informationsquelle darstellen:

Transaktion FBL1N

Es handelt sich um offene Posten für Kreditor „300050“. Alle haben Belegart „KR“ was für „Kreditorenrechnung“ steht. Doch bei genauerem Hinsehen und Betrachten der Buchungsschlüssel wird deutlich, dass sich auch 6 Vorgänge mit Buchungsschüssel „21“ darin befinden, welches eigentlich Gutschriften vom Lieferanten sind und damit unsererseits Forderungen an ihn darstellen.


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