15.05.2015

Daten­an­a­ly­sen – The good, the bad and the ugly

Diesmal möchte ich auf einen Artikel namens „Big Data in Unternehmen - Wenn die Firma vor Ihnen weiß, wann Sie kündigen wollen“ eingehen, der in der „Wirtschaftswoche Online“ am 15.04.2015 veröffentlicht wurde von Autorin Frau Kerstin Dämon [WiWo1] sowie „Das große Datenchaos deutscher Unternehmen“ von Frau Meike Lorenzen vom 12.04.2014 [WiWo2].

Daten Analysen

(c) Fotolia

Es geht um Beispiele von Big Data in Unternehmen, und konkret hat folgender Satz mein Interesse geweckt: „Vorweg: Es geht bei Big Data nicht zwangsläufig um intime Daten, wie die eigene Krankenakte, das Gehalt von Herrn Müller nebenan oder den Inhalt der privaten E-Mails des Kollegen.“ [WiWo1]

Dieser Satz ist wichtig. In der öffentlichen Diskussion entsteht manchmal der Eindruck, Datenanalyse hätte per se etwas mit „unerlaubtem Schnüffeln“ zu tun; Mitarbeiter werden bespitzelt und Bürger ausgehorcht, Bewegungsprotokolle erstellt und Chatprotokolle mitgelesen. Davon distanziert sich der Artikel durch einige Positivbeispiele, und das ist schön zu lesen.

Datenanalyse ist heutzutage kein „Nice-to-have“ mehr, sondern muss zu einer Selbstverständlichkeit werden. Dass, wie Frau Dämon in ihrem Artikel [WiWo1] anführt, „täglich 2,5 Quintillionen Bytes an Daten produziert werden (laut IBM), aber nur 1% des täglichen Datenvolumens auch analysiert werden (laut Marktforschungsinstitut International Data Corporation IDC)“ zeigt, dass es noch ein langer Weg ist, und wir viel Aufholbedarf vor uns haben. Und das, obwohl das Buzzword „Big Data“ aktuell schon nahezu altbacken und verbraucht klingt.

Datenanalyse ist nicht immer gut weggekommen, und das ist durch die vielen Negativbeispiele der jüngeren Vergangenheit auch verständlich. Dabei bietet die Datenanalyse ein derart breites Spektrum an Fragestellungen und Ansatzpunkten, dass es ein Leichtes für jeden Datenanalysten sein sollte, für sich ethisch einwandfrei vertretbare Handlungsfelder zu identifizieren und in diesen tätig zu werden.

Wenn man sich den ebenfalls in der Wirtschaftswoche von Frau Meike Lorenzen online veröffentlichten Artikel [WiWo2] „Das große Datenchaos deutscher Unternehmen“ durchliest, springt einem gleich einmal das Thema der Datenqualität ins Auge. Mit folgender Aussage werden wir oft im Tagesgeschäft konfrontiert: „Es bringt nichts, die Daten zu analysieren; diese sind zu schlecht gepflegt.“ Das ist in meinen Augen die falsche Einstellung, gerade wenn man sich die Entwicklung der Datenmenge über die letzten Jahre hinweg betrachtet. Wenn man jetzt als Unternehmen in Sachen Stammdatenqualität zu lange zögert, schiebt man das Problem nicht nur vor sich her, es türmt sich sogar immer weiter vor einem auf. Wenn der Stammsatz eines Lieferanten fälschlicherweise schon fünfmal im System angelegt ist, wird beim nächsten Geschäftsvorfall mangels Entscheidungssicherheit lieber ein sechster Stammsatz im System angelegt – das Problem schaukelt sich hoch. Nicht gefüllte Pflichtfelder (Steuernummern), gesetzliche Anforderungen (Korrektheit und Vollständigkeit der Adressen und Steuernummern von Geschäftspartnern), Analyse von Dubletten in Kunden-, Lieferanten- und Materialstammsätzen – alleine diese „simplen“ Aufgaben ernsthaft und konsequent anzugehen ist eine Herausforderung, würde aber die Prozessdurchlaufzeiten verkürzen und die Qualität merklich erhöhen. Nichts zu tun, um die Stammdatenqualität im eigenen Unternehmen zu steigern, das ist als würde man mit einem Straßenatlas aus dem Jahr 1979, bei dem einige Seiten fehlen, andere doppelt sind und wichtige Informationen durch Kaffeeflecken und Brandlöchern von Zigaretten unlesbar geworden sind, die Reise mit dem Auto von Deutschland nach China antreten wollen.

Zum Glück scheint es sich auch aus unserer Sicht zu bestätigen, was im Artikel von Frau Lorenzen formuliert ist mit dem Satz „Die Technik-Chefs haben genau aus diesem Grund das staubige Thema ‚Datenbanken‘ forciert und in die Management-Ebenen getragen.“ Genau das ist der Punkt! Die Awareness muss sich von der technischen Ebene in Richtung Management verschieben – obwohl die Techniker grundsätzlich besser geeignet sind, das Problem zu lösen, wird ohne Unterstützung durch das Management (Stichwort Budget) der Maßnahmenkatalog meist nicht ausreichend sein.

Natürlich muss es nicht das Thema Stammdatenqualität sein. Die Analyse potentieller Doppelzahlungen, eine Ermittlung überfälliger, offener Posten, Skontoverluste oder Preisabweichungen zwischen Bestellungen und Kontrakten, häufige Kreditlimitanpassungen nach oben und Kreditlimitüberschreitungen, Konsistenz von Zahlungsbedingungen - all das sind weitere Beispiele für betriebswirtschaftlich motivierte Analysen, die wir im Tagesgeschäft durchführen.

Doch es gibt auch Bereiche, die Spannungsfelder darstellen können. In Unternehmen gibt es Regeln, und diese Regeln (aufgestellt, um das Unternehmen zu schützen, aber oft auch motiviert durch Vorgaben von Gesetz und nationalem oder internationalem Recht, Transparenz und der Bekämpfung von Korruption) müssen auf Einhaltung geprüft werden. Wurden Lieferungen an oder Bestellungen bei Parteien getätigt, die sich auf Embargo- oder Sanktionslisten befinden? Stehen hinter Lieferantennamen und Rechnungen „echte“ Unternehmen, eine „echte“ Lieferung oder Leistungserbringung? Oder wurden Scheinlieferanten erstellt und Scheinrechnungen eingereicht, mit dem Ziel Einzelner, sich persönlich zu bereichern, oder schwarze Kassen zu bilden? Hier sind oft personenbezogene Daten wie Namen, Adressen oder Bankverbindungen ein Thema, auch im Kontext von Datenanalysen.

Welche Analysen sind „in Ordnung“, welche sind es nicht? Wie geht man grundsätzlich mit Datenanalysen um, wie mit den oben angesprochenen Spannungsfeldern?

Aus meiner Sicht gibt es drei Orientierungspunkte:

  1. Beachtung von Gesetzen
  2. Transparente, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Datenschutz und Betriebsrat
  3. Ethik der Datenanalyse als Teil der Unternehmensethik und des Unternehmensleitbildes

1. Be­ach­tung von Ge­setz­en

Zum Punkt, die Gesetze zu beachten, gibt es eigentlich nicht viel hinzuzufügen, das spricht für sich. Natürlich ist wünschenswert, dass bei der Gesetzesbildung gerade was diese „neuen“ Themen anbelangt entsprechende Fachkompetenz vorhanden sein muss. Diese muss die Notwendigkeit des Datenschutzes (etwa für sensible Daten im Personalwesen, Schutz von Mitarbeiter- und Kundendaten) als auch die Selbstverständlichkeit der Datenanalyse in verschiedenen Bereichen (Datenqualität, Prozessverbesserungen, Interne Revision & Compliance. Betrugs- und Korruptionsaufdeckung, Wirtschaftskriminalität) in ihren Gesetzentwürfen praxisnah und relevant vereinen.

2. Trans­pa­ren­te, ver­trau­ens­vol­le Zu­sam­men­ar­beit mit Da­ten­schutz und Be­triebs­rat

In einem Unternehmen, welches Datenanalyse einsetzt, sind Transparenz und Kommunikation mit Datenschutz und Betriebsrat ein entscheidender Faktor. Wieso setzt man Datenanalyse ein und in welchen Bereichen? Was wird analysiert und – ganz wichtig – was wird NICHT analysiert, wovon distanziert man sich? Grundsätzlich sollten alle Beteiligten dieselben Ziele haben: Das Unternehmen vor Schaden zu bewahren (sei es durch schlechte Datenqualität, oder durch Scheinrechnungen), aber auch die dem Unternehmen anvertrauten Mitarbeiterdaten zu schützen und klar zu definieren, welche Möglichkeiten der Datenanalyse man aus welcher Motivation heraus nutzt, und welche man eben nicht anwenden wird. Auch die technischen Möglichkeiten (etwa Anonymisierung bzw. Pseudonymisierung) oder auch der Datensparsamkeit aufzuzeigen, ist ein wichtiger Teil dieser Diskussion. Dem Thema „Datenanalyse“ müssen sich alle Beteiligten stellen; je offener und transparenter und positiver diese Kommunikation gestaltet wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Interessen aller involvierten Personen und Parteien gewahrt werden können.

3. Ethik der Da­ten­an­a­ly­se als The­ma von Un­ter­neh­mens­ethik und Leit­bild

Als dritten Punkt habe ich die Ethik der Datenanalyse aufgeführt. Diese trifft aus meiner Sicht nicht nur die Unternehmen an sich (quasi die Data und Process Owner) sondern auch die Mitarbeiter und auch oft externen Dienstleister, die in diesem Kontext tätig sind. Integrität im Handeln und eine fest verankerte „Datenanalyse-Ethik“ helfen nicht nur allen Beteiligten dabei, sich zu orientieren, sondern sind im Lande der unbegrenzten Analysemöglichkeiten ein Muss. Die positiven Möglichkeiten der Datenanalyse hervorzuheben, den Nutzen für alle Beteiligten, die Selbstverständlichkeit, aber auch der Respekt den personenbezogenen und sensiblen Daten gegenüber, all das darf keine leere Marketingaktion sein, sondern muss in täglicher Praxis gelebt werden. Das muss für den einzelnen Datenanalysten als Individuum auch nicht unbedingt in einem verklausulierten Regelwerk münden – oft reicht im Tagesgeschäft schon die alte Binsenweisheit „Was Du nicht willst das man Dir tu – das füg‘ auch keinem andren zu.“

Mein Blogpost bezieht sich um Schwerpunkt auf folgende Artikel:

http://www.wiwo.de/kerstin-daemon/7414434.html
http://www.wiwo.de/technologie/vernetzt/big-data-in-unternehmen-wenn-die-firma-vor-ihnen-weiss-wann-sie-kuendigen-wollen/11634146.html [WiWo1]
http://www.wiwo.de/meike-lorenzen/7087652.html 
www.wiwo.de/technologie/digitale-welt/studie-zu-datenqualitaet-das-grosse-datenchaos-deutscher-unternehmen/8057598.html [WiWo2]

 

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